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§. 48.

Causative Verben.

Zu den causativen Verben, deren Natur wir schon oben näher kennen gelernt haben, und statt deren wir uns da, wo sie fehlen, mit der Umschreibung durch machen, lassen behelfen müssen (Tieck: »er macht Seel' und Leib genesen.« Wieland: »Sie machen die Wesen frohlocken.« Schubert: »Die den Scepter entsinken machen,«) gehören jetzt folgende, neben denen des besseren Verständnisses wegen zugleich die stammverwandten sogenannten immediativen Verben mit aufgeführt werden sollen, als: läuten -- lauten, senken -- sinken, fällen -- fallen (schon im Ahd. uellan -- uallan, Boeth. p. 119), täuschen -- tauschen, sprengen -- springen, wecken -- wachen, melken -- milchen, hängen --- hangen, lecken (d. h. tropfen machen, befeuchten), aber lechen (d. h. rinnen, tropfen, davon der Lech, d. h. Bach), tränken -- trinken, säugen -- saugen, heften -- haften, stäuben -- stauben oder stieben, wägen -- wiegen, legen -- liegen, flössen -- fliessen, schwemmen -- schwimmen, schleifen (d. h. glatt machen -- schliefen -- glatt sein), dämpfen -- dampfen, dörren -- dorren, stecken, stechen -- stehen, wenden -- winden (d. h. sich kehren oder wenden), ätzen -- (im Mhd. etzen) essen, drängen -- dringen, prellen (Luther, Klagel. Jerem. I, 13) -- prallen (zurückprallen), blenden -- blinden (erbl.), verschwenden -- verschwinden (Nith. »Rosen in der bluete, diu der kalte winter hat verswant«); setzen -- sitzen, besetzen -- besitzen, stauen (d.h. stehen machen) -- staunen (stehen bleiben). In andern Verbis, wo man im Mhd. noch beide Bedeutungen durch die Form unterschied, wie in: steigen -- stîgen, greifen -- grîfen, sleichen -- slîchen, sleizen -- slîzen, leschen (d. h. tilgen) und lëschen (aufhören zu brennen), smelzen -- smëlzen, genern --- genesen (b. Joh. Rusbroek p. 30) in der Bedeutung bleiben, dauern), vloehen -- vliehen, bewegen -- bewëgen, erschellen -- erschëllen (Nith.: »die pfif' sol man erschellen«), beizen -- bîzen, sweigen (d. h. zum Schweigen bringen), Ulr. v. Lichtenst.: »geswigen sint diu vogellin«), -- swîgen (still sein), schreien (zum Schreien bringen) -- schrîen (schreien), queln (martern) -- quëln (in Todespein sein), verderben -- verdërben (d. h. zu Grunde gehen), toeten (todt machen) -- toten (sterben), noeten (d. h. nöthigen) -- noten (in Noth sein), toeren (zum Thoren machen) -- tôren (bedutzt sein, rasen), versmaehen (verächtlich machen oder behandeln), versmahen (geringfügig denken), ersterben -- erstërben (Hartm. Iwein: »den (Wald) habent ir mir verderbet unt min wild ersterbet.« -- W. v. d. Vogelw.: »sterbet si mich, so ist si tot.« d. Dürinc: »ane schulde si min vröude hat ersterbet«), -- sind jetzt entweder beide Bedeutungen in einer Form vereinigt, wie in: schweigen, schmelzen, löschen, verderben, werden aber dann verschieden flectirt, nämlich in der causativen Bedeutung nach der schwachen, in der immediativen nach der starken Flexion; -- oder sie sind, wie bei schreien, tödten, quälen, verschmähen, nur noch in einer Bedeutung vorhanden. Zu den obigen mhd. Verben kommt noch hinzu wesen (d. h. stecken lassen, bleiben lassen) und wësen, wohnen, bleiben. (Nith.: »und haeten si mich gewest, (stecken gelassen) ich waer' da langer niht gespart,« d. h. verschont geblieben. Auch wurden im Mhd. noch erschrecken, d. h. in Schrecken setzen und erschrëcken oder erschricken, d. h. in Schrecken gerathen, zugleich durch die Form unterschieden. Im Gothischen unterschied man die causativen Verben von den immediativen nicht durch Umlautung (s. o.), sondern durch die Endung jan und nan. So lautete gablindjan blenden, gablindnan erblinden, danthjan todt machen, danthnan sterben, gahalijan heilen, gahailnan heil werden etc. Jetzt zeigt sich etwas Aehnliches nur noch in stauen, d. h. zum Stehen bringen, und staunen, d. h. stehen bleiben, welche im Goth. staujan -- staunan, im Ahd. stouwon -- stûnên, im Mhd. stöuwen -- stûnen lauteten.

Heinrich August Schötensack: Grammatik der neuhochdeutschen Sprache. Erlangen: Enke, 1856. (S. 234 f.)