Musterbrief aus einem Briefsteller von 1853
Antwort auf eine Ausforderung zum Duell
Mein Herr!
Sie haben mich zum Duell aufgefordert. In der That ein schlechtes Compliment,
das Sie meinem Verstande machen! Sie muthen mir also zu, mich entweder von
Ihnen todtschießen zu lassen, oder an Ihnen zum Mörder zu werden und hernach,
verfolgt vom Gesetz, unstät und flüchtig in der Welt herumzuziehen. In der
That, das heißt viel verlangt! Und weshalb machen Sie mir diese Zumuthung?
Weil Sie dies zur Reparatur Ihrer Ehre für nöthig halten? - Lieber Gott, was
kann ich denn aber dafür, daß Sie solche wunderliche Ansichten von Ehre haben,
oder daß Ihre Ehre ein so wunderliches Ding ist, das nicht ohne solches
gefährliches Pistolenspiel bestehen kann? Nein, dabei kann ich Ihnen wahrlich
nicht zu Dienste stehen, das ist meinen heiligsten Pflichten schnurstracks
entgegen; ich suche nun aber in der Erfüllung dieser Pflichten meine Ehre,
würde diese also durch Verletzung derselben aufgeben; - das wird ein Mann
wie Sie, der im Punkte der Ehre selbst so streng ist, gewiß nicht verlangen.
In der Hoffnung, daß Sie sich beruhigen werden, empfiehlt sich Ihnen
Ihr N N.
Dieser Musterbrief ist abgedruckt in:
Otto Friedrich Rammler's Universal-Briefsteller. 28., umgearb. und
stark vermehrte Auflage. Leipzig: Wigand, 1853. S. 115.
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