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Aus Valentin Schumanns »Nachtbüchlein« (1559)

Ein fabel von eines bauren son zů Seck ein meil von Füssen, der ein weyb namme, die keine hett, und ließ der bawr ihr eine machen bey einem schuster zů Füssen.

Man findt yetzundt zů unsrer zeyt
Nicht vil solcher einfeltiger leüt,
Wie dises bawren son da war,
Welcher ein weib da namme gar.
Die selbe keine fulfa hett,
Ein schůknecht ir sie machen thet;
Der braucht darzů zwey rotter fel
Und fünff viertel weiß und gel.
Noch war sie im nicht gemacht recht,
Demselben groben bawren knecht.
Nun so leßt dise geschicht recht!

Es ist auff ein zeyt ein alter bawr gesessen zů Seck ein meyl von Füssen, diser bawr hieß Hiernwurst unnd war sehr reich. Es het aber der bawr ein jungen son, der war gewachsen, aber gantz einfeltig. Nun sahe ihm sein vatter umb ein weyb, vermeynet, er solt gescheyder werden, wann er ein weyb hette. Ward also eines bawren tochter gefunden, ein schöne dieren, die war zimlich fromb, bedorfft es gantz wol; die gab man des bawren son zum weibe. Als sie hochzeyt hetten, da saget die můtter im: ‘Wann du dich zů nacht nider legst, so greiffe dein braut fein oben umb die brust an! Alsdann so wirdt sie dich fein zwischen die beyn weysen unnd wa dir dein ding an dem bauch hingehört.’ Der jung Hiernwurst sprach: ‘Das will ich wol thůn, ich will mich fein freündtlich machen.’

Als man sie zů nacht zůleget, da nam der jung Hiernwurst sein braut und halßt sie, auch greiff er ihr oben umb die die brust unnd undter die armen, taht ihr also hin und wider. Die braut sprach: ‘Mein lieber Hiernwurst, wz suchst du?’ Er sagt gůt teütsch: ‘Ich such die fudt.’ ‘O,’ sprach sie, ‘ich hab keine.’ ‘Ey,’ sprach der Hierenwurst, ‘hett ich das gewißt, ich wolt dich nit haben genommen.’ Sie sprach: ‘Wann du dann so geren eine hettest, ich weiß ein schůster zů Füssen, der macht mir wol eine.’ ‘Ja warlich,’ sprach der Hierenwurst, ‘ich můß eine haben, und solt sie zweintzig gulden kosten.’ Setzet sein brawt am morgen auff einen wagen unnd füret sie auff Füssen zů, vermeynet also, sie het keine. Ich glaub, sie hett einen hauffen hoden vor dem arß gehabt, es hets einer kaum inn einem tag zů einem fenster hinauß geworffen.

Als sie für deß schůsters laden kamen, da hielt der bawr still. Der schůster gieng heraussen, der bawr fieng an und sprach: ‘Lieber meister, es hat mein weib kein fud. Künd ir ihr nicht eine machen?’ Der schůster sahe bald, wz er für einen vogel hette, war auch mit nasser laugen gezwagen, sprach: ‘Ja, mein lieber bawr. Sie wirdt aber vil kosten.’ Er sprach, der Hierenwurst: ‘Was wirt es dann kosten?’ Der schůster sprach: ‘Ich můß haben zwey preüschnische fehl, auch so můß ich haben ein centner schmeer und mir sechß gulden zů zuschneiden, auch meinem gesellen vier gulden zů machen.’ Der bawr sprach: ‘Kan ichs mit zweintzig gulden verrichten?’ Der schůster sprach ja. ‘Ey,’ sprach der bawr, ‘nun steyge herab, so will ich mit dem schůster gehn unnd das schmeer, auch leder kauffen.’

Die bäwrin gieng inn den laden, unnd der bawr unnd schůster giengen mit einander dahin. Als sie das schmeer kaufften und der Hiernwurst sahe, das etliches gelb unnd garstig wäre, sprach er: ‘Lieber meyster, nement mir kein stinckent schmeer darzu! Ich will euch ehe ein viertel dester mehr kauffen.’ Der schůster sprach: ‘Nun wol an, so nemen wir ein viertel deß centners dester mehr.’ Zalt also der Hierenwurst das schmeer und auch das leder. Trůgens mit einander heym.

Als sie heym kamen, truncken sie mit einander leukauff, das der bawr solt dem schůster geben vier gulden unnd dem gesellen zwen gulden unnd für die bäwrin ein wochen ein gulden in die kost. Dann der schůster sprach: ‘Lieber bawr, sie darff nichts böß die zeyt essen.’ Der bawr sprach: ‘Wie baldt kündt ihr mirs machen?’ Der schůster sprach: ‘In vier wochen.’ ‘Lieber meyster,’ sprach der bawr, ‘macht mirs fein sauber und recht!’ ‘Ey, ir dörfft kein sorg haben,’ sprach der schůster. Also schied der Hierenwurst dahin heym.

Es hette aber der schůster ein starcken jungen knecht; zu dem leget er des bawren weib, der můßt ihr ein fudt machen. Als die vier wochen vergangen waren, da kam der bawr mit einem karren und wolt sein bäwrin hollen. Als er für des schůsters hauß kam, stig er ab unnd gieng zu dem laden hinein. Da in der schůster ersahe, empfienge er ihn. Der bawr sprach: ‘Meyster, ist mein fudt gemacht?’ Der schůster sprach ja. Da zelet ihm der bawr das gelt auff und zalt den schůster, auch die kost unnd den gesellen, setzt sein bäwrin auff den karren und fůr nach heymat.

Als er nun auff dem weg war, sprach er: ‘Hör, liebe, laß mich sehen, wa hat er dirs hingesetzt?’ Suchts der narr also wider oben umher umb die brust. Die bäwrin het ein fůß auff das ein karrengestell gelegt. Da sie sahe, das der Hierenwurst stets oben herumb sahe, sprach sie: ‘Du narr, wa sihest du hin? Sich da herunder!’ Unnd weiset ihn also zwischen die bein. Der Hierenwurst sahe hinab, sprach: ‘Ey, das leder hat er nicht alles gebraucht, aber das schmeer hat er nicht gespart.’ Greyff also hinunder, da wurden im die händ schmaltzig; daran so schmecket er. ‘Ey,’ sprach der Hierenwurst, ‘hab ich im doch ein viertel schmeer mehr kaufft, das er mir soll kein schmeckets nemen! So hat ers dannoch nit than unnd hat ein schmeckets schmeer genommen. Auch hat er sonst kein statt gehabt, da ers möcht han hingesetzt dann nur so nach zů der kotgassen? Ich wolt noch ein par gulden drumb geben, das ers nicht so nach het zů der kotgassen gesetzt.’ Fůrt also sein bäwrin heym, die het jetz ein fud. Unnd bekam der schůster schmeer, auch gelt, unnd der gesell vier wochen zů pletzen, und thet es dem bawren darnach gleich wol.

Darumb welcher will ein weib nemen, der frag sie von erst, ob sie auch eine het; es wurde sonst manchem zůvil werden, wann er so vil solt von einer zů machen geben, und die schůster zu reich. Auch so het ich sorg, es wurde das schmeer zerrinnen, wann man zur yeden solt fünff viertel deß centners haben; auch so wurden die rodten preüßnische fehl noch theürer werden, sie seind vor nicht wol feyl.


Textgrundlage für diesen E-Text: Valentin Schumann: Nachtbüchlein (1559). Hrsg. von Johannes Bolte. Tübingen, 1893. S. 211 ff.