Ich war vor wenigen Jahren noch dann und wann vom
Schnupfen und Husten heimgesucht, welche beide Zufälle
mir desto ungelegener waren, als sie sich bisweilen beim
Schlafengehen zutrugen. Gleichsam entrüstet über diese
Störung des Nachtschlafs entschloß ich mich, was den ersteren
Zufall betrifft, mit fest geschlossenen Lippen durchaus
die Luft durch die Nase zu ziehen: welches mir anfangs
nur mit einen schwachen Pfeifen, und, da ich nicht absetzte,
oder nachließ, immer mit stärkeren, zuletzt mit vollen und
freien Luftzuge gelang, es durch die Nase zu Stande zu bringen,
darüber ich dann sofort einschlief. - Was dies gleichsam
konvulsivische und mit dazwischen vorfallenden Einatmen
(nicht wie beim Lachen ein kontinuiertes stoßweise
erschallendes) Ausatmen, den Husten betrifft, vornehmlich
den, welchen der gemeine Mann in England den Altmannshusten
(im Bette liegend) nennt, so war er mir um so
mehr ungelegen, da er sich bisweilen bald nach der Erwärmung
im Bette einstellte und das Einschlafen verzögerte.
Dieses Husten, welches durch den Reiz der mit offenen
Munde eingeatmeten Luft auf den Luftröhrenkopf erregt
wird,* nun zu hemmen, bedurfte es einer nicht mechanischen
(pharmazeutischen), sondern nur unmittelbaren Gemütsoperation:
nämlich die Aufmerksamkeit auf diesen
Reiz dadurch ganz abzulenken, daß sie mit Anstrengung
auf irgend ein Objekt (wie oben bei krampfhaften Zufällen)
gerichtet, und dadurch das Ausstoßen der Luft gehemmet
wurde, welches mir, wie ich es deutlich fühlete, das Blut ins
Gesicht trieb, wobei aber der durch denselben Reiz erregte
flüssige Speichel (saliva) die Wirkung dieses Reizes, nämlich
die Ausstoßung der Luft, verhinderte, und ein Herunterschlucken
dieser Feuchtigkeit bewirkte. - - Eine Gemütsoperation,
zu der ein recht großer Grad des festen Vorsatzes
erforderlich, der aber darum auch desto wohltätiger ist.
* Sollte auch nicht die atmosphärische Luft, wenn sie durch die
Eustachische Röhre (also bei geschlossenen Lippen) zirkuliert, dadurch,
daß sie auf diesem dem Gehirn nahe liegenden Umwege Sauerstoff absetzt,
das erquickende Gefühl gestärkter Lebensorgane bewirken; welches
dem ähnlich ist, als ob man Luft trinke; wobei diese, ob sie zwar keinen
Geruch hat, doch die Geruchsnerven und die denselben nahe liegende
einsaugende Gefäße stärkt? Bei manchem Wetter findet sich
dieses Erquickliche des Genusses der Luft nicht; bei anderem ist es eine
wahre Annehmlichkeit, sie auf seiner Wanderung mit langen Zügen zu
trinken: welches das Einatmen mit offenem Munde nicht bewährt. - -
Das ist aber von der größten diätetischen Wichtigkeit, den Atemzug
durch die Nase bei geschlossenen Lippen sich so zur Gewohnheit zu
machen, daß er selbst im tiefsten Schlaf nicht anders verrichtet wird,
und man sogleich aufwacht, sobald er mit offenem Munde geschieht,
und dadurch gleichsam aufgeschreckt wird; wie ich das anfänglich, ehe
es mir zur Gewohnheit wurde, auf solche Weise zu atmen, bisweilen erfuhr. -
Wenn man genötigt ist, stark oder bergan zu schreiten, so gehört
größere Stärke des Vorsatzes dazu, von jener Regel nicht abzuweichen,
und eher seine Schritte zu mäßigen, als von ihr eine Ausnahme zu
machen; ingleichen, wenn es um starke Motion zu tun ist, die etwa ein
Erzieher seinen Zöglingen geben will, daß dieser sie ihre Bewegung lieber
stumm, als mit öfterer Einatmung durch den Mund machen lasse.
Meine jungen Freunde (ehemalige Zuhörer) haben diese diätetische
Maxime als probat und heilsam gepriesen, und sie nicht unter die Kleinigkeiten
gezählt, weil sie bloßes Hausmittel ist, das den Arzt entbehrlich
macht. - Merkwürdig ist noch: daß, da es scheint, beim lange fortgesetzten
Sprechen geschehe das Einatmen auch durch den so oft
geöffneten Mund, mithin jene Regel werde da doch ohne Schaden überschritten,
es sich wirklich nicht so verhält. Denn es geschieht doch auch
durch die Nase. Denn wäre diese zu der Zeit verstopft, so würde man
von dem Redner sagen, er spreche durch die Nase (ein sehr widriger
Laut), indem er wirklich nicht durch die Nase spräche, und umgekehrt,
er spreche nicht durch die Nase, indem er wirklich durch die Nase
spricht: wie es Hr. Hofr. Lichtenberg launicht und richtig bemerkt. -
Das ist auch der Grund, warum der, welcher lange und laut spricht (Vorleser
oder Prediger), es ohne Rauhigkeit der Kehle eine Stunde lang
wohl aushalten kann; weil nämlich sein Atemziehen eigentlich durch
die Nase, nicht durch den Mund, geschieht, als durch welchen nur das
Ausatmen verrichtet wird. Ein Nebenvorteil dieser Angewohnheit
des Atemzuges mit beständig geschlossenen Lippen, wenn man für sich
allein wenigstens nicht im Diskurs begriffen ist, ist der: daß die sich
immer absondernde und den Schlund befeuchtende Saliva hiebei zugleich
als Verdauungsmittel (stomachale), vielleicht auch (verschluckt)
als Abführungsmittel wirkt; wenn man fest genug entschlossen ist, sie
nicht durch üble Angewohnheit zu verschwenden.